Caravaning im Wandel: Von Boom zu Blues – Doch Hoffnung am Horizont

Auf die Boomjahre folgt der Blues: Die deutsche Caravaning-Branche steckt derzeit in einer kleinen Krise. Der Reisemobilhersteller Knaus Tabbert stellt die Produktion vorerst ein, Händler wie Camper Base haben sogar Insolvenz angemeldet. Auch in der übrigen Branche müssen Unternehmen aufgeben. Im nächsten Jahr sieht es aber wieder besser aus.

Nachdem die Hersteller und Händler zunächst mit einem Nachfrageüberhang zu kämpfen hatten, hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage umgekehrt. Vor allem im ersten Halbjahr 2024 haben die Kunden die nach dem Ende der Lieferkrise wieder hochgefahrenen Produktionskapazitäten nicht wie erwartet abgerufen. Vor allem bei Wohnwagen war die Nachfrage gering.

Die Zahlen sehen zunächst gar nicht so schlecht aus, zumindest was die Reisemobile betrifft: Nach den ersten zehn Monaten haben wir 66.710 Zulassungen, das sind 10 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Da fällt das Minus von zwei Prozent im kleineren Caravan-Segment kaum ins Gewicht. Nach zehn Monaten wurden 19.611 Neuzulassungen registriert, knapp 300 weniger als vor einem Jahr.

Dennoch ist die Stimmung im Handel nicht gerade rosig, wie der „Focus Caravaning – Business Report 2024“ der GSR Unternehmensberatung und der Marktforscher von MiiOS zeigt. So sind 36 Prozent der Reisemobilhändler mit dem Geschäft im laufenden Jahr unzufrieden. Bei den Caravan-Händlern sind es sogar 41 Prozent.

In den vergangenen Jahren sah das noch ganz anders aus: Als der Markt für Freizeitfahrzeuge 2022 am heißesten war, waren weniger als fünf Prozent der Händler unzufrieden. Damals wurde praktisch alles gekauft, was es gab.

Knaus Tabbert in der Krise

Der Boom hat wohl den einen oder anderen etwas leichtsinnig werden lassen. Auch der renommierte Hersteller Knaus Tabbert hat derzeit mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das börsennotierte Unternehmen hat kürzlich die Produktion an den Hauptstandorten Jandelsbrunn (Niederbayern) und Nagyoroszi (Ungarn) bis mindestens Ende 2024 eingestellt, viele Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Die ursprünglich angepeilte Margensteigerung wurde inzwischen aufgegeben. Der Gewinn wird voraussichtlich deutlich geringer ausfallen als erwartet. Der Aktienkurs von Knaus Tabbert brach daraufhin um ein Drittel ein.

Auch andere Unternehmen und Gewerbetreibende haben Probleme. Vor allem diejenigen, die in den vergangenen Boomjahren neu eingestiegen sind oder ihr Engagement verstärkt haben, leiden jetzt besonders unter der aktuellen Krise. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen ist es natürlich die allgemein nachlassende Kauflust der Deutschen, die durch alle wirtschaftlichen Unsicherheiten noch verstärkt wird. Hinzu kommt, dass der Markt bereits ziemlich gesättigt ist. Wer in den letzten zwei bis drei Jahren ein Freizeitfahrzeug gekauft hat, braucht jetzt in der Regel kein neues.

Gleichzeitig haben viele Händler ihre Lager gefüllt, weil sie glaubten, die Ware nach Corona liefern zu können. Bei der GSR-Umfrage gaben 71 Prozent der Händler an, dass sie sich derzeit am meisten um ihre Lager kümmern müssen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Hersteller: Zuerst müssen die Überbestände abgebaut werden, bevor die Industrie Nachschub ordern kann. Neue Aufträge gibt es nicht. Dies ist besonders bitter für die Hersteller, die erst kürzlich ihre Produktionskapazitäten erweitert haben.

Junge Menschen entdecken Camping für sich

Bild von riya mishra auf Pixabay

Dennoch gibt es Anzeichen für vorsichtigen Optimismus in der Branche. Die Kaufbereitschaft für Freizeitfahrzeuge in Deutschland ist nach wie vor hoch. Zahlreiche Umfragen zeigen, dass Camping auch in den kommenden Jahren eine beliebte Urlaubsform in Deutschland bleiben wird. Nach Angaben des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD) interessieren sich rund 14 Millionen Menschen in Deutschland für einen Campingurlaub, darunter viele junge Leute. Laut einer Studie der ALH Versicherung ist fast die Hälfte der Camper jünger als 40 Jahre. Langfristig werden Händler und Hersteller keine Probleme haben, ihre Kunden zufrieden zu stellen.

Kurzfristig könnte der Abbau der Lagerbestände zu einer Belebung der Nachfrage führen. Nach der Konsolidierung in diesem Jahr sieht es für das kommende Jahr wieder besser aus. Auch die GSR-Umfrage zeigt zumindest bei den Händlern vorsichtigen Optimismus. Gingen Ende 2023 noch 47 Prozent der Reisemobilanbieter von sinkenden Verkaufszahlen aus, sind es aktuell nur noch 21 Prozent. 12 Prozent rechnen sogar mit einem Anstieg. Für die Hersteller kommt es jetzt darauf an, ihre Produktionskapazitäten gut an die tatsächliche Nachfrage anzupassen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Maßnahmen greifen und die Branche wieder auf Wachstumskurs bringen.

Please follow us on:

RSS
Instagram
Mastodon
Copy link
URL has been copied successfully!

Oliver

Oliver Giertz ist der kreative Kopf hinter VanityOnTour, einem Blog, der sich dem Vanlife und Camper-Lifestyle widmet. Seit 2020 teilt er seine Erlebnisse und Tipps rund ums Reisen mit dem Kastenwagen. Oliver ist bekannt für seine praxisnahen Produkttests und hilfreichen Ratgeber, die Campern das Leben erleichtern. Als aktiver Nutzer sozialer Medien engagiert er sich auch in der Online-Camper-Community und organisiert Treffen für Vanlife-Enthusiasten. Seine Mission ist es, unvergessliche Momente und Erlebnisse zu schaffen.

Alle Beiträge ansehen von Oliver →