„Rainbow Family“ überrascht Gemeinde 

Im Malliehagental bei Uslar haben sich Hunderte Hippies und Alternative zum „Rainbow Gathering“ versammelt. Die Stadt drohte mit Räumung, weil keine Genehmigung für das Camp vorlag. Nun wird abgebaut.

Wie eine Sprecherin am Freitagabend mitteilte, will die Gruppe am Samstag abziehen, nur ein paar Menschen sollen zurückbleiben, um aufzuräumen.

Donnerstag sah das noch ganz anders aus: An einer Waldlichtung reiht sich ordentlich Zelt an Zelt, so weit das Auge reicht. Auf einer Wiese macht ein Mann ein Feuer, um darauf Zucchini zu braten und eine Kanne Tee zu kochen. Neben Aussteigern mit Gitarre und Federn im Haar sind auch Ärztinnen und Ärzte, Marketingexpertinnen und -experten sowie Lehrerinnen und Lehrer angereist. Die Anhängerinnen und Anhänger der „Rainbow Family“ kommen aus Belgien, Großbritannien, Israel und Finnland. Sie singen im Sitzkreis und tauschen sich am Lagerfeuer aus.

Etwa 600 Alternative und Hippies haben sich im Malliehagental bei Uslar für ein Treffen niedergelassen. Doch es gibt Ärger mit den Behörden. © NDR, Foto: Marco Schulze

Vor zwei Wochen waren es nur etwa 40 Naturliebhaber, die ihr Zelt in Dinkelhausen, nahe Uslar im Landkreis Northeim, aufgeschlagen hatten. Inzwischen waren es schon rund 800. Der Besitzer der Wiese, Landwirt Alex Wahler, hatte damit eigenen Angaben zufolge kein Problem. Was er aber nicht wusste: Für die Wildcamper war das offenbar der Startschuss für ihr jährliches Zusammentreffen. Sie haben den Standort an Tausende andere weitergeleitet und wollten für rund einen Monat bleiben. Als Höhepunkt war ein Ritualfeuer in der Vollmondnacht am 19. August geplant – mit bis zu 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Der Landkreis Northeim hatte dem Betreiber der Wiese allerdings mit einer Strafe von 50.000 Euro gedroht, falls er die Gruppe nicht dazu auffordern würde, das Gelände zu verlassen.

Die Wiese liegt nämlich in einem Landschaftsschutzgebiet, nämlich dem Solling. Hier darf man nur mit Genehmigung campen. Einen Antrag hatte das „European Rainbow Gathering“ den Angaben zufolge nicht gestellt. Das erste Rainbow Gathering, also die Regenbogen-Versammlung, gab es 1972 in Colorado, USA. Seither gab es Treffen mit bis zu 40.000 Menschen an unterschiedlichen Orten auf der ganzen Welt. Die aus der Hippie-Zeit stammende Bewegung der „Rainbow Family“ lehnt Hierarchien ab. Deshalb ist es für lokale Behörden oft schwierig, Ansprechpartner in der Gruppe zu finden.

Die Teilnehmenden haben sich den Platz für ihr jährliches Zusammentreffen, das sogenannte Rainbow Gathering, in Südniedersachsen ausgesucht. Das Problem: Es liegt im Landschaftsschutzgebiet. © NDR, Foto: Marco Schulze

Landwirt Alex Wahler hat seine Erlaubnis für das Wildcampen auf seiner Wiese zurückgezogen, weil die Behörden Druck gemacht haben. Er ist enttäuscht über das Vorgehen des Landkreises und würde die angedrohte Strafe sogar gern zahlen – wäre sie nicht so hoch. „Die Welt kommt nach Dinkelhausen, aber Dinkelhausen und Uslar ist einfach nicht bereit dafür gewesen“, sagte er dem NDR Niedersachsen. „Ich bin viel unterwegs, ich war jeden Tag hier.“ Ich habe mit den Leuten gegessen und gesungen. „Ich sehe mich mittlerweile als Teil dieser Familie.“ Wahler unterstützt das Rainbow Gathering zum Beispiel mit Trinkwasser.

Mit dabei war auch ein Lehrer aus Oldenburg mit seiner Familie. Er nimmt regelmäßig an den Treffen teil. Dort lernen seine Kinder zum Beispiel, wie man ein Lagerfeuer macht. Witsel aus Belgien, seinen Nachnamen möchte er lieber nicht nennen, ist hier, weil er die Werte der Gruppe schätzt: „Jeder ist willkommen, ungeachtet seiner Religion oder Hautfarbe“, sagt er. Alkohol und elektronische Geräte wie Handys oder Lautsprecherboxen sind nicht erlaubt. Die Organisatoren legen Wert darauf, dass das Essen regional und vegetarisch ist.

Sollten die Menschen auf der Wiese bleiben, drohte ihnen eine Räumung durch die Stadt Uslar, die eine Allgemeinverfügung erlassen hat. Mittlerweile hat die Gruppe entschieden, das Camp aufzulösen. © NDR, Foto: Marco Schulze

Die Stimmung in der Gemeinde zum Hippie-Treffen war gespalten. Einige Bewohnerinnen und Bewohner freuen sich, dass die Natur endlich mal von Menschen genutzt wird. Die AfD vor Ort sieht das allerdings ganz anders. In einem offenen Brief an die Landrätin, der dem NDR Niedersachsen vorliegt, fordert die AfD Bußgelder. Der Grund: Es wurden Pflanzen im Wald gepflückt und Autos parkten auf den Wegen. Lily S. ist sozusagen das inoffizielle Sprachrohr der Gruppe. Sie sagt, dass sie sich als Mensch nicht gesehen fühlt und nicht versteht, warum die AfD etwas gegen das Rainbow Gathering hat. Sie betont, dass sie die Natur pflegen und besser zurückgeben wollen, als sie sie vorgefunden haben. Sie will jetzt nach anderen Orten für das Treffen Ausschau halten.

Der Bürgermeister von Uslar, Torsten Bauer (CDU), wollte nach eigenen Angaben eine Eskalation der Situation vor Ort vermeiden. Am Freitag hat die Stadt aber eine Allgemeinverfügung erlassen, in der die Wiesen im Malliehagental zwischen dem 14. und dem 20. August zur Sperrzone erklärt werden. Danach ist es „jeder Person verboten, die Sperrzone zu betreten, zu befahren, zu bereiten oder sich sonst innerhalb der Sperrzone aufzuhalten“. Bauer sagte dem NDR, dass er nicht einfach hier auftauchen, sich hinsetzen und dann anfangen könne, mit den Leuten zu reden. Wenn die Gruppe nicht freiwillig gehe, müsse er sie leider räumen lassen, so der Bürgermeister. Das sei für ihn die letzte Option. Diese Aussage kam, bevor bekannt wurde, dass die Gruppe das Camp abbaut.
(Hallo Niedersachsen – NDR)

Oliver

Oliver Giertz ist der kreative Kopf hinter VanityOnTour, einem Blog, der sich dem Vanlife und Camper-Lifestyle widmet. Seit 2020 teilt er seine Erlebnisse und Tipps rund ums Reisen mit dem Kastenwagen. Oliver ist bekannt für seine praxisnahen Produkttests und hilfreichen Ratgeber, die Campern das Leben erleichtern. Als aktiver Nutzer sozialer Medien engagiert er sich auch in der Online-Camper-Community und organisiert Treffen für Vanlife-Enthusiasten. Seine Mission ist es, unvergessliche Momente und Erlebnisse zu schaffen.

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